Gordon Granger war ein Kriegsheld des Nordens und ein unbequemer dazu. Nach dem Bürgerkrieg übernahm er das Kommando über das geschlagene Texas. Am 19. Juni 1865 erließ er einen Befehl, der den USA jetzt einen landesweiten Feiertag beschert.
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US-Präsident Joe Biden hat seinen Beitrag zum neuen amerikanischen Nationalfeiertag als eine der vermutlich größten Ehren im Amt bezeichnet. An „Juneteenth“, dem 19. Juni, soll von nun an landesweit an den Tag im Jahr 1865 erinnert werden, an dem in einem Ort in Texas den schwarzen Sklaven ihre Befreiung bekannt gemacht wurde.
Der Name des Generals, der damals die Proklamation erlassen hatte, fällt in der Berichterstattung weitgehend unter den Tisch. Weil er bei einem fernen Vorgänger Bidens in Ungnade gefallen war, der seinerseits entscheidenden Anteil an der Sklavenbefreiung hatte?
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Am 19. Juni 1865 hatte der Militärbefehlshaber von Texas bei seiner Ankunft in Galveston seine „General Order No. 3“ erlassen. Darin wurde „die Bevölkerung von Texas ... darüber informiert, dass gemäß einer Proklamation der Exekutive der Vereinigten Staaten alle Sklaven frei sind“. Der Name des Generalmajors war Gordon Granger (1821–1876).
Im Grunde war Granger nur der Überbringer der frohen Botschaft für die Sklaven und der Demütigung für die im Bürgerkrieg geschlagenen weißen Südstaatler. Denn auch Texas hatte sich der Sezession der Sklavenhalter angeschlossen. Bereits während des Krieges hatte US-Präsident Abraham Lincoln im September 1862 dem Kabinett die „Executive Order“ vorgelegt, die am 1. Januar 1863 die Sklaven in den Konföderierten Staaten befreite. Doch erst deren Kapitulation im Frühjahr 1865 ermöglichte ihre Durchsetzung. Das 13. Amendment, das die Befreiung im Dezember in die Verfassung aufnahm, hatte der Präsident nicht mehr erlebt, er fiel am 15. April dem Attentat eines fanatischen Südstaatlers zum Opfer.
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Wer aber war Gordon Granger, der den USA jetzt einen weiteren bezahlten Feiertag beschert? Geboren 1821 in New York, hatte er wie die meisten Generäle der Union die Militärakademie von West Point absolviert, als 35. von 41 Absolventen seines Jahrgangs. Wie die meisten seiner Kameraden kämpfte er von 1846 bis 1848 im Krieg gegen Mexiko und tat an der Frontier Dienst. Bis zum Ausbruch des Bürgerkriegs war er zum Oberleutnant aufgestiegen.
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Nun beschleunigte sich seine Karriere. Während er auf der regulären Stufenleiter der Army vom Hauptmann bis zum Oberstleutnant befördert wurde, wurde ihm in der Hierarchie der Freiwilligenverbände bald der Generalsrang zugestanden. Es folgten Kommandos über ein Regiment, eine Brigade und schließlich eine Division, die jeweils auf dem westlichen Kriegsschauplatz zwischen Mississippi und Appalachen eingesetzt waren.
Zum Kriegshelden der Union wurde Granger am 20. September 1863. Zu dem Zeitpunkt führte er das Reservekorps der „Army of the Cumberland“, die unter William Rosecrans in Tennessee mit einigem Erfolg operierte. Doch nach der Eroberung von Chattanooga tappte der Oberbefehlshaber in eine Falle, die ihm sein konföderierter Gegenspieler Braxton Bragg gestellt hatte. Durch vermeintliche Deserteure hatte der die Nachricht streuen lassen, die Südstaatler befänden sich auf dem Rückzug.
Rosecrans drängte ungestüm nach und sah sich bei Chickamauga urplötzlich Braggs Armee gegenüber. Ein Führungsfehler riss zudem ein Loch in die Front der Union, sodass deren linke gesamte Flanke einschließlich ihres Generals die Flucht ergriff. Nur die Standhaftigkeit des linken Flügels unter George Thomas war es zu verdanken, dass es nicht zur völligen Auflösung der Armee kam.
Dass Thomas zum „Fels von Chickamauga“ werden konnte, verdankte er Granger. Der hielt einige Kilometer hinter den vordersten Linien die Stellung. In seinem Bericht schrieb er: „Nach dem Donner der Schlacht war zu urteilen, dass er (Thomas) vom Feind bedrängt wurde, und weil ich befürchtete, dass er dem Angriff nicht widerstehen könnte, beschloss ich, sofort zu seiner Hilfe abzumarschieren.“ In buchstäblich letzter Minute verstärkte Granger damit die abgekämpften Unionstruppen und konnte sich am Abend nach Chattanooga absetzen.
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Dort erlebte Granger die für die Union ungewohnte Situation einer Belagerung – und traf dabei auf Ulysses S. Grant. Der hatte im Juli die Südstaatenfestung Vicksburg am Mississippi erobert und wurde anschließend von Lincoln zum Oberbefehlshaber für den ganzen westlichen Kriegsschauplatz ernannt; 1864 sollte er zum Oberbefehlshaber aller Unionsarmeen aufsteigen. Mit seinem Sieg am 23./25. November sprengte Grant den Belagerungsring um Chattanooga auf, wobei es zu zwei Konfrontationen mit Granger kam.
Ein ungeplanter Angriff, an dem auch Leute von Granger beteiligt waren, hätte beinahe in eine Katastrophe geführt. Doch die Aktion hatte wider Erwarten Erfolg, sodass sich Granger der Tirade Grants mit den berühmten Worten entziehen konnte: „Wenn diese Burschen einmal in Gang sind, hält auch die Hölle sie nicht mehr auf.“
Der zweite Konflikt sollte Konsequenzen haben. Nach seinem Sieg erließ Grant den Befehl an Granger, mit seinem Korps umgehend das bedrängte Knoxville zu verstärken. Doch dieser verzögerte den Abmarsch, sodass ihm Grant noch in seinen Memoiren vorhielt, „eine unangenehme Aufgabe“ verweigert zu haben. Das war wohl der Grund, warum Granger keine wichtigen Kommandos mehr erhielt. Als ihn 1864 ein Auftrag nach New Orleans verschlug, setzte Grant alles daran, ihm den Befehl über Truppen zu verweigern.
Doch nach Kriegsende wurden die Karten neu verteilt. Granger blieb bei der Army und übernahm das Kommando über das Department auf Texas. Dort machte ihn seine Proklamation in der Ashton Villa in Galveston zu einer historischen Figur. Als Befehlshaber des Distrikts New Mexico erlitt er 1876 einen Schlaganfall, dem er erlag.
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